Ein neuer Rohstoff-Sektor entsteht
Jeder Rohstoff-Superzyklus schreibt seine eigene Geschichte – und der aktuelle bildet keine Ausnahme. Zwar profitieren auch diesmal Klassiker wie Gold, Kupfer und Öl, doch im Zentrum des neuen Zyklus steht eine völlig neue Rohstoff-Kategorie, die es in dieser Form an der Börse bis 2024 nicht gab: die Rüstungsrohstoffe, im Englischen zunehmend als War Metals bezeichnet.
Während Fachpublikationen diesen Begriff bislang kaum aufgreifen, rücken die War Metals jetzt in den Fokus geopolitischer und wirtschaftlicher Realität – und eröffnen Anlegern ein brandneues Spielfeld im Rohstoffmarkt.
Die Welt in der Aufrüstung – und der neue Rohstoffbedarf
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine 2022 hat sich die globale Ordnung fundamental verändert. Die Zeit der Friedensdividende ist vorbei – an ihre Stelle tritt ein neuer Kalter Krieg zwischen westlichen Demokratien und dem sich formierenden „Ostblock“ um China, Russland, Nordkorea und Iran.
Die Folge: ein globaler Rüstungsboom historischen Ausmaßes. Besonders Europa steht unter Druck, seine Verteidigungsfähigkeit massiv auszubauen. Regierungen investieren Hunderte Milliarden, beschleunigen Genehmigungen und lockern Vorschriften. Das Ergebnis: maximaler politischer Rückenwind für die gesamte Rüstungsindustrie – und damit auch für jene Metalle, ohne die Panzer, Drohnen und Raketen gar nicht hergestellt werden können.
Was sind Rüstungsrohstoffe?
Rüstungsrohstoffe – oder War Materials – sind Metalle und Mineralien, die für die Produktion moderner militärischer Systeme unverzichtbar sind. Die NATO definierte Ende 2024 erstmals 12 verteidigungskritische Rohstoffe, ergänzt durch weitere Materialien auf der Liste des US-Verteidigungsministeriums. Dazu zählen u. a. Antimon, Wolfram, Titan, Gallium, Germanium, Graphit, Kobalt und Beryllium.
Diese Stoffe sind elementar für:
- Leichtbau und Panzerung (z. B. Titan, Aluminium),
- Elektronik und Zielsysteme (z. B. Gallium, Germanium, Platin),
- Energie und Batterietechnologien (z. B. Lithium, Graphit, Kobalt),
- Hitzebeständige Komponenten (z. B. Wolfram, Beryllium, Kobalt).
Da es keine Terminmärkte für die meisten dieser Nischenmetalle gibt, können Anleger nicht direkt in den Rohstoff investieren – nur über Bergbauaktien, die diese Metalle fördern oder explorieren.
Geopolitik trifft Rohstoffknappheit
Die Angebotsseite der War Metals ist geopolitisch hochriskant. Viele Vorkommen liegen in Staaten mit instabilen Regierungen oder im Einflussbereich Chinas und Russlands – etwa bei Antimon, Germanium, Graphit oder Kobalt.
Damit entsteht für westliche Länder ein strategischer Zwang zur eigenständigen Rohstoffversorgung. Unternehmen in Nordamerika, Australien und Europa profitieren besonders, weil sie als politisch sichere Quellen gelten. „Made in America“ ist dabei weniger geografisch als strategisch zu verstehen: Es steht für Projekte in stabilen, pro-westlichen Ländern – und für Rohstoffsicherheit mit politischer Rückendeckung.
Chancen und Risiken für Anleger
Der Sektor der Rüstungsrohstoffe bietet großes Trading-Potenzial, aber nur begrenzt langfristige Investment-Stabilität. Wie schon beim Lithiumboom 2016–2022 trifft auch hier eine plötzlich explodierende Nachfrage auf ein zunächst knappes Angebot – ein idealer Nährboden für starke Kursbewegungen.
Doch Vorsicht: Sobald Preise länger hoch bleiben, reagieren Minenbetreiber rasch mit Angebotsausweitungen. Bei Antimon oder Wolfram etwa können zusätzliche Mengen aus bestehenden Nebenprodukten gewonnen werden – was mittelfristig die Preise wieder unter Druck setzen dürfte.
Strategie: Selektiv und geopolitisch klug investieren
Für Trader bieten War-Metals-Aktien alles, was Volatilität und Chancen verspricht:
- keine Futuremärkte → konzentrierte Nachfrage in wenige Aktien,
- starke mediale Aufmerksamkeit durch politische Entwicklungen,
- und ein Markt ohne „Midcaps“ – zwischen Smallcaps und Rohstoff-Giganten klafft eine Lücke, die enorme Kurschancen ermöglicht.
Langfristig interessant bleiben vor allem Unternehmen mit Projekten in den USA, Kanada oder Australien, die auf knappe, nicht-ersetzbare Rohstoffe wie Titan oder Wolfram fokussiert sind.
Fazit: Der neue Superzyklus hat eine militärische Farbe
Die Rüstungsrohstoffe sind mehr als nur ein kurzfristiger Trend – sie sind Ausdruck einer neuen geopolitischen Realität, in der Rohstoffsicherheit zur nationalen Priorität geworden ist.
Der War-Metals-Sektor steht damit im Zentrum eines der spannendsten Investmentthemen der kommenden Jahre. Für Anleger heißt das: Wer die Dynamik versteht, die geopolitischen Risiken einpreist und selektiv auf die richtigen Explorer setzt, kann in diesem Superzyklus überdurchschnittlich profitieren – und zwar deutlich.





















